Der Dessert-Virtuose (2024)

Der Chefpâtissier Amaury Guichon verwirklicht 2019 seinen Traum von der eigenen Schule. Und wo ginge das besser, als in Las Vegas in den USA?

Amaury Guichon ist erst 30 Jahre alt und hat bereits erreicht, wovon andere nicht einmal zu träumen wagen: ein eigenes ­Ausbildungszentrum in Las Vegas. Hier zeigt der heutige US-Bürger mit französischen und Schweizer Wurzeln mütterlicherseits gemeinsam mit Co-Gründer Michel Ernots und anderen, wechselnden ­Dozenten, wie man aus edelsten Rohstoffen in vielen präzisen Arbeitsschritten süsse Kunstwerke erschafft. Diese erfreuen nicht nur den Gaumen, sondern auch das Auge. Vom Kompass mit Karamell über Parfümfläschchen mit Ruby-Schokolade bis hin zu grossen Schokoladen-Skulpturen gibt es vermutlich nichts, was er nicht schon erschaffen hätte.

Dass er ein so umfassendes Verständnis für sein Fach hat, kommt nicht von ungefähr. «Bereits als Vierzehnjähriger war für mich klar, dass ich mit meinen Händen arbeiten möchte», sagt Guichon. Den Grundstein für seine steile Karriere legt er jedoch nicht mit einer Berufslehre zum Konditor-Confiseur, sondern mit einer Kochlehre im französischen Thonon-les Bains. Danach zieht es ihn nach Genf, wo er während zweier intensiver Jahre das Konditor-Handwerk erlernt. Intensiv deshalb, weil er zur selben Zeit bereits erfolgreich an diversen regionalen Wettbewerben teilnimmt. «Zu Beginn ging es mir nur darum, meinen Horizont zu erweitern und mir Wissen in einem anderen Gebiet anzueignen. Aber als ich als Konditor-Confiseur zu arbeiten begann, war klar, dass dies meine Bestimmung ist.»

Den Wert schätzen lernen

Nach der Ausbildung zum Konditor möchte er seine Kenntnisse im Bereich Pâtisserie weiter vertiefen. Er wechselt ins Maison Lenôtre in Paris/FR und wird 2010 vom Berufsverband Meilleur ouvrier de France MOF zum besten Auszubildenden in seinem Fach der Ile-de-France ernannt.

Den Weg in die USA ebnete ihm 2013 die Teilnahme an einer in Frankreich ausgestrahlten Reality-TV-Show. Sie heisst: «Wer wird der nächste Meisterpâtissier?» (auf Französisch: «Qui sera le prochain grand pâtissier?»). Amaury Guichon erreicht zwar nur den dritten Platz, kriegt aber nach der Sendung ein Angebot von Meisterpâtissier Jean Philippe Maury, welcher auch Boutiquen in den USA hatte. Amaury Guichon nimmt das Angebot an und ist während vier Jahren als Chef de Partie, Product Finishing & Product R&D tätig. Nebenher entwirft er verschiedene Schaustücke aus Schokolade.

2016 beschliesst Guichon, seine Kreationen in den sozialen Medien zu veröffentlichen. «Anfangs ging es mir nicht darum, mich selbst zu promoten, sondern die exklusive, französische Pâtisserie. Den Leuten ist häufig nicht bewusst, was es dazu alles braucht», sagt er. Deshalb habe er begonnen, kurze Videos zu drehen, die aufzeigten, dass für seine Kreationen nicht nur Fachwissen nötig ist, «sondern dass darin auch sehr viel Arbeit steckt, die Zeit braucht. Ich wollte die Menschen damit auch für die etwas höheren Preise der Pâtisserie sensibilisieren», erläutert Amaury Guichon.

«Wissenschaft wird oft unterschätzt»

Den Bekanntheitsgrad der französischen Pâtisserie zu erhöhen, das ist ihm gelungen. Mittlerweile folgen ihm auf Instagram gut drei Millionen User, auf Facebook sind es gar fünf Millionen. Die Videos, die er auf den verschiedenen Kanälen publiziert, dauern im Schnitt rund drei Minuten und zeigen die vielen Arbeitsschritte im Zeitraffer. Spätestens beim Schauen der Videos wird klar, dass es sich bei der Arbeit von Amaury Guichon um Kunst handelt.

Einmal um die halbe Welt

Vom Erfolg seiner Videos beflügelt, gründete Amaury Guichon 2017 eine eigene Beratungsfirma. Seither steht er anderen Fachleuten zur Seite und unterrichtet Meisterklassen auf der ganzen Welt. Bis heute hat er unter anderem in Russland, Sardinien, Malaysia, Mexiko, Griechenland, China, Australien, Rumänien und der Ukraine unterrichtet. «In Mexiko hatte ich einmal eine 30-minütige Show und keine Ahnung, wie gross der Anlass sein würde. Am Ende waren es 3500 Menschen, die mir bei meiner Arbeit zugesehen haben. Die meisten von ihnen waren jung. Ich fühlte mich wie ein Rockstar», erinnert sich Amaury Guichon.

Mit Passion für die Profession

2019 gründete er gemeinsam mit dem ­belgischen Pâtissier Michel Ernots in Las Vegas in den USA die The Pastry Academy. «Nach fünf Jahren Unterricht auf der ganzen Welt war es an der Zeit, etwas Eigenes zu schaffen, das mir erlaubt, thematisch mehr in die Tiefe zu gehen.» Zudem habe er mit Michel Ernots einen Geschäftspartner gefunden, dem er vertraue und auf den er sich verlassen könne. «Wenn ich doch einmal für einen Kurs im Ausland abwesend bin, muss ich mir keine Sorgen machen.» Allerdings seien diese Reisen nun deutlich weniger geworden. Er möchte sich auf die Akademie fokussieren. «Mit ihr habe ich ein Projekt, das meine absolute Hingabe für den Beruf und meine Liebe zur Bildung vereint.» Wichtig ist ihm, dass an der Akademie eine andere Atmosphäre herrscht, als es früher in vielen Lehrbe­trieben üblich gewesen sei. Zu lange hätten in den Küchen grosse Meister gestanden, die ein strenges Regime führten. Amaury Guichon erläutert: «Ich denke, es ist an der Zeit, diesen Kreislauf zu ­durchbrechen. Meiner Ansicht nach lernen Menschen besser in einer ­respektvollen ­Atmosphäre, die sich durch eine gute Balance zwischen Professionalität und ­Kameradschaftlichkeit auszeichnet.»

(Désirée Klarer)

Trotz Corona sind die Kurse der The Pastry Academy von Michel Ernots und Amaury Guichon gut besucht. Kein Wunder, denn an der Schule lernt man das Konditor-Handwerk von einer ganz neuen Seite kennen.

Amaury Guichon, mit 30Jahren gehören Sie schon zu den Besten der Welt. Was führt Ihrer Ansicht nach zum Erfolg, Talent oder harte Arbeit?
Amaury Guichon: Definitiv harte Arbeit. Der Rat, den ich meinen Studierenden immer gebe, ist, dass man bereit sein muss, Opfer zu bringen, wenn man etwas erreichen will.

Ihre Akademie besteht seit etwas mehr als einem Jahr. Woher stammen Ihre Studierenden?
Wir haben das grosse Glück, Studenten aus der ganzen Welt begrüssen zu dürfen. Darunter beispielsweise solche aus Italien, Frankreich, Indien, Korea, Singapur, China, Kanada, Israel, Kasachstan, Neuseeland, Island und Kolumbien, um nur einige der Herkunftsländer zu nennen. Auch aktuell haben wir viele Anmeldungen aus dem Ausland. Das einzige Problem ist, dass die Einreise für ­einige Studierende aufgrund von Einreisebeschränkungen erschwert ist.

«Ich spiele visuell gerne mit der Wahrnehmung der Leute. Oberthema oder Farbe der Kreation geben Hinweise auf das Aromenprofil.»


Welche Themen behandeln Sie in der zehnwöchigen Meisterklasse an Ihrer Akademie?
Unser Programm deckt alles ab, was es im Bereich des Konditor-Handwerks zu wissen gibt: Feingebäck, plattierte Desserts, Schokolade, Eiscreme, Gebäck, Brot, Zuckerkonfekt und Schaustücke. Es gibt aber auch Kurse, die gezielt einzelne Themen behandeln.

An den Kursen können Anfänger und Fachleute teilnehmen. Wie stellen Sie sicher, dass alle auf Ihre Kosten kommen?
Wir versuchen auf die Bedürfnisse einzugehen. Am Ende sollen jedoch alle denselben Wissensstand haben.

Welche Rolle spielt der wissenschaftliche Aspekt in Ihren Kursen?
Uns ist wichtig, dass die Studierenden ein umfassendes Verständnis davon haben, was wir im Unterricht behandeln werden. Sie sollen am Ende nicht nur das Wie verstehen, sondern auch das Warum. Wissenschaft spielt also eine wichtige Rolle.

Ihre Königsdisziplin sind Schaustücke aus Schokolade. In der Meisterklasse behandeln Sie aber auch Themen wie zum Beispiel Brot. Wer unterstützt Sie beim Unterrichten?
Aufgrund der Corona-Pandemie sind es aktuell nur mein Geschäftspartner Michel Ernots und ich, die unterrichten.

Angenommen, die Pandemie hält weiter an und Studierende können gar nicht mehr anreisen. Käme es in Frage, online zu unterrichten?
Nein, auf keinen Fall. Wir nehmen das Konditor-Handwerk sehr, sehr ernst. Etwas, das alle Sinne miteinbezieht, nur durch Sehen und Sprache lehren zu wollen, ist schlicht unmöglich. Wir bleiben konsequent bei ­unserem Kerngeschäft.

Kontakt

The Pastry Academy
201 E. Charleston Blvd.
Las Vegas, NV 89104

www.thepastryacademy.com

Gut zu wissen:

Für 2021 hat Amaury Guichon bereits Meisterklassen an der ThePastry Academy in Las Vegas geplant. Die erste startet am 15.März und dauert bis zum 21.Mai, die zweite geht vom 24.Mai bis zum 30. Juli und die dritte vom 2. August bis zum 8.Oktober. Kostenpunkt: 14 034 Franken.

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