Lebensmittel-Ampel: Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger (2024)

Gründe für die Über­arbeitung: Neue wissenschaftliche Erkennt­nisse sollen besser berück­sichtigt werden, ebenso allgemeine Ernährungs­empfehlungen. Wider­sprüchlich­keiten aus den Anfangs­jahren sollen behoben werden.

Auf 1200 Marken in Deutsch­land vertreten

Lebensmittel-Ampel: Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger (1)

Den Nutri-Score haben unabhängige Forschende aus Frank­reich und Groß­britannien entwickelt, damit Verbraucher sich über ein leicht verständliches System schnell über das Nähr­wert­profil von Lebens­mitteln informieren können. Die französische Gesund­heits­behörde Santé publique ist für den Nutri-Score verantwort­lich und hat die neue Berechnungsbasis veröffent­licht.

Sie berück­sichtigte Rück­meldungen von Fachleuten, Verbraucher­schutz­organisationen und Anbietern aus sieben Ländern, in denen der Nutri-Score seit einigen Jahren zum Einsatz kommt. Neben Deutsch­land – wo der Nutri-Score 2020 einge­führt wurde – sind das Belgien, Frank­reich, Luxemburg, die Nieder­lande, Spanien und die Schweiz.

Bis Ende 2023 nutzten ihn hier­zulande rund 800 Anbieter für etwa 1200 Marken, teilte das Bundes­ministerium für Ernährung mit. Wer für eine Marke einen Nutri-Score beantragt, muss alle Produkte dieser Marke damit ausstatten.

Nutri-Score verrechnet positive und negative Inhalts­stoffe

Die Algorithmen für den aktualisierten Nutri-Score haben sich verändert, aber das Berechnungs­prinzip ist gleich geblieben:

Positiv­punkte für die guten Nähr­wert­eigenschaften Ballast­stoffe, Eiweiß und hohe Pflanzen­anteile werden mit Negativ­punkten für die schlechten Nähr­wert­eigenschaften Energie, Salz, Zucker und gesättigte Fett­säuren verrechnet. Der Nutri-Score bezieht sich dabei auf 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Produkts, nicht auf die Portion. Das Bewertungs­system für Getränke ist strenger als für die anderen Produkte.

Absteiger: Nach­teilige Inhalts­stoffe stärker abge­wertet

Bei etlichen Produkten verschlechtert sich nun der Nutri-Score, weil unvor­teilhafte Inhalts­stoffe jetzt negativer zu Buche schlagen:

  • Salzreiche Produkte. Lebens­mittel mit viel Salz werden strenger einge­ordnet. Neuerdings gibt es 20 Punkte, die sich negativ auf den Nutri-Score auswirken können. Früher waren es maximal 10.
  • Zuckerreiche Produkte. Nun fließen bis zu 15 Negativ-Punkte für hohe Zucker­gehalte in die Rechnung ein, vorher maximal 10 Punkte. Ein Schwach­punkt: Die hohe Referenzmenge für die tägliche Zucker­zufuhr von 90 Gramm Zucker pro Tag ist geblieben. Laut Welt­gesund­heits­organisation WHO sollte ein Mensch maximal 50 Gramm Zucker pro Tag aufnehmen, ideal wäre nicht mehr als 25 Gramm.
  • Getränke mit Süßstoffen. Hersteller können nicht mehr Zucker durch Süßstoffe ersetzen, um den Nutri-Score zu verbessern. Für zugesetzte Süßstoffe gibt es nun Negativ-Punkte in der Nutri-Score-Berechnung.
  • Rotes Fleisch. Rind, Schwein, Lamm – wenn ein Produkt rotes Fleisch enthält, kann es bestenfalls die Stufe C erreichen. Grund: Die Welt­gesund­heits­organisation stuft rotes Fleisch als wahr­scheinlich krebs­er­regend ein.
  • Milch und Pflanzendrinks. Mit der Reform fallen Milch, Getränke mit einem Milch­anteil von mindestens 80 Prozent und Pflanzendrinks in die Kategorie Getränke. Zuvor wurden sie wie feste Lebens­mittel bewertet, wodurch etwa mehr Fett und Kohlenhydrate als in klassischen Getränken toleriert wurde. Das heißt: Fett­arme Milch bekommt statt A ein B, Voll­milch statt B ein C.

Nachteil: Anbieter haben bis Ende 2025 Zeit, die Nutri-Score-Kenn­zeichnung auf den Verpackungen anzu­passen. So lange können in Supermarkt­regalen alter und neuer Maßstab neben­einander­stehen – für die Kund­schaft schwer zu durch­blicken.

Auswählen, einkaufen, zubereiten: So nutzen Sie den Nutri-Score

  • Vergleichen. Abge­packte Produkte einer Kategorie lassen sich dank Nutri-Score gut miteinander vergleichen – zum Beispiel Pizza mit Pizza, Joghurt mit Joghurt.
  • Zubereitung mitbedenken. Bei Produkten, die noch erhitzt werden müssen, bezieht sich die Skala auf den unzu­bereiteten Zustand. Durch die Zugabe von Fett oder das Verdunsten von Wasser können sich Nähr­werte ändern.
  • Grenzen kennen. Der Nutri-Score zeigt nur das Profil für die Para­meter Zucker, Salz, Eiweiß, Fett­qualität, Ballast­stoffe an. Er sagt nichts aus über Vitamine oder Mineralstoffe.
  • Nach­rechnen. Falls auf der Packung genügend Angaben zum Inhalt gemacht sind, können Sie den Nutri-Score nach­rechnen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bietet dazu eine Tabelle an, die sich im Abschnitt Berechnung des Nutri-Score finden lässt.

Aufsteiger: Gute Inhalts­stoffe stärker belohnt

Gesund­heits­förderliche Inhalts­stoffe in Lebens­mitteln wertet der neue Nutri-Score auf. Hier einige wichtige Beispiele:

  • Wasser. Wasser inklusive Mineralwasser darf als einziges Getränk noch ein hervorstechendes A tragen. Alle anderen Getränke – auch aromatisiertes Wasser oder sehr leicht gesüßte Getränke – landen in schlechteren Kategorien.
  • Ballast­stoff­reiche Produkte. Verbrauche­rinnen und Verbraucher können ballast­stoff­reiche Voll­korn­produkte besser von ballast­stoffärmeren Varianten unterscheiden, da Letztere schlechter einge­stuft werden. Durch diese Änderung lassen sich etwa Brote künftig wesentlich differenzierter bewerten.
  • Fetter Fisch. Lachs, Hering, Makrele – unzu­bereiteter fetter Fisch bekommt jetzt ein A, weil er reich an Omega-3-Fett­säuren ist.
  • Nüsse und Öle. Nüsse, Saaten, Pflanzenöle wie Olivenöl kamen bisher wegen ihres hohen Fett­gehalts beim Nutri-Score schlechter weg, als es ihrem Stellen­wert in einer gesunden Ernährung entspricht. Viele Pflanzen­produkte liefern reichlich wert­volle ungesättigte Fett­säuren, die etwa vorteilhaft auf Herz und Kreis­lauf wirken. Im neuen Berechnungs­modell bilden Nüsse, Saaten und Pflanzenöle eine eigene Kategorie: Darin wird der Energiegehalt und der Anteil an gesättigten Fett­säuren anders bewertet als bei anderen Lebens­mitteln. Viele unbe­handelte Nüsse verbessern sich von B auf A, Pflanzenöle von C auf B.
  • Eiweiß­reiche Produkte. Ein hoher Protein­gehalt beein­flusst den Nutri-Score nun güns­tiger als früher. Eiweiß­reiches Geflügelfleisch, Fisch oder Tofu bekommen mehr Positiv­punkte fürs Protein.

Nutri-Score wird kontrolliert

In Deutsch­land hat das Bundes­ministerium für Ernährung das gemeinnützige Unternehmen RAL mit der Kontrolle des Nutri-Scores betraut. Es ist auf Kenn­zeichnung spezialisiert und prüft seit Mai 2023, ob Anbieter die Vorgaben richtig umsetzen. Die Geschäfts­führung des RAL erklärte Anfang 2024 gegen­über der Stiftung Warentest, dass bisher nur leichte Verstöße aufgefallen seien. Anbieter würden den Nutri-Score über­wiegend richtig berechnen.

Nicht immer stimmig: So fiel der Nutri-Score in Tests auf

Die Stiftung Warentest über­prüft den Nutri-Score in ihren Lebens­mittel­unter­suchungen. Hier eine Auswahl kritischer Funde:

  • Falsche Bestnote: In einer Veggie-Bratwurst im Bratwurst-Test entlarvten die Tester einen Rechen­fehler. Das Produkt warb mit dem Best­wert A, obwohl ein C korrekt gewesen wäre.
  • Zucker kam zu gut weg: Zwei Schoko- und zwei Honig- Cerealien-Produkte trugen den best­möglichen Nutri-Score A auf der Verpackung, obwohl sie viel zu viel Zucker enthielten. Das war nach dem bisherigen Rechenmodell möglich, weil ein gewisser Ballast­stoff­anteil hohe Zucker­gehalte ausgleichen konnte. Nach dem neuen Modell ist das nicht mehr möglich: Die betroffenen Cerealien würden im Buch­staben-Ranking abrutschen.
  • Frittier­fett kommt oben­drauf: Der Nutri-Score auf 15 Pommes-Produkten bezog sich auf den unzu­bereiteten Zustand. Doch nur wenige Anbieter wiesen darauf hin, dass sich etwa die Bewertung A durch Frittieren um ein bis zwei Stufen verschlechtern könne. Die neuen Regeln für den Nutri-Score halten Anbieter von frittier­baren Produkten zu genau dieser Trans­parenz an, verpflichten sie aber weiter nicht.
Lebensmittel-Ampel: Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger (2024)
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